verstehen Sie mich nicht falsch. Ich schätze Sie. Ich kenne sie nicht, aber ich glaube, sie wissen meist von was sie sprechen, wenn sie Bücher kritisieren. Ich weiß nicht über ihre Biographie und war bisher zu faul, diese bei Wikipedia nachzulesen. Ich vermute aber, sie haben irgendwas Geisteswissenschaftliches mit Schwerpunkt Literatur studiert, was sie dazu qualifiziert, Bücher zu empfehlen, oder eben nicht.

Ich war vergangene Woche in einem „Bookstore“ – in einem großen Bücherladen am Stachus. Irgendwo in München muss deshalb wohl ein kleiner, hagerer Mann an seinem Bücherladen in einer engen Seitengasse ein Schild mit Aufschrift „Geschlossen, weil bankrott“ anbringen.

Ich stehe vor einem Regal zusammen mit 15 anderen, die wie ich versuchen, durch ihre iPod-Kopfhörer wenigstens ein wenig dem Lärm zu entfliehen und sich zu konzentrieren. Dabei stoße ich auf ein Buch: „Hectors Reise“. Das Cover sieht aus wie eines von diesen Kinderbüchern, die ehrgeizige Eltern ihren Kleinen kaufen, wenn sie in die dritte Klasse kommen, damit sie auch zu Hause bilden.

Ein Kinderbuch ist es nicht. Sie werden sich erinnern: Es geht um den Psychiater Hector, der es nicht erträgt, dass er seine Patienten nicht glücklich machen kann. Er begibt sich auf Weltreise und sucht nach dem Glück. Oder besser nach der Formel für Glück.

Auf der Rückseite von Büchern steht meist ein Kommentar, von jemandem der es wissen muss: einem Kulturjournalisten, oder Experten wie Ihnen. Das ist nett vom Verlag, dann kann man das Buch gleich ein wenig einordnen. „Wenn man dieses Buch gelesen hat – ich schwöre es Ihnen – , ist man glücklich“, schreiben Sie über „Hectors Reise“. Toll, dacht ich mir. Glücklich sein, ist gut.

Es tut mir leid, aber was sie da schreiben, stimmt einfach nicht. Hector trägt rund 20 Lektionen zusammen, die Glück definieren. Lektion 1: Vergleiche anstellen, ist ein sicheres Mittel sich das Glück zu vermiesen. 8: Glück, ist mit den Menschen zusammen zu sein, die man liebt. 10 und 13: Glück ist, wenn man eine Beschäftigung hat, die man liebt und anderen nützlich ist. 14: Glücklich ist, wenn man so geliebt wird, wie man eben ist. 15: Glück ist wenn man sich rundherum lebendig fühlt… Um nur die Highlights zu nennen.

Ich habe das Buch heute in einem Rutsch gelesen. Das war leicht, weil das Buch in einer naiven Sprache verfasst ist. Ich bin sogar geneigt den Schreibstil „irgendwie süß“ zu nennen. Ich habe also das Buch gelesen und mich danach hundsmiserabel gefühlt. Sie haben mir versichert, dass ich glücklich werde! Ich war aber nicht glücklich! Stattdessen zeigt mir der Autor mit dem Buch nur alle Unzulänglichkeiten auf. Alle Gründe dafür, warum ich unglücklich bin und dass sich daran in naher Zukunft nichts ändern wird!

Sie pauschalisieren. Sie gehen davon aus, dass jeder Mensch glücklich wird, wenn er davon liest wie schlecht es anderen geht und sich dann automatisch dieses „Hach mir gehts ja eigentlich prima“-Gefühl einstellt. Tut es nicht. Vielen Dank.

Mit freundlichen Grüßen,
P.