Es ist 18:49 Uhr. Zwei Frauen lehnen an einer der schmierigen, gefliesten Säulen in der U-Bahn-Haltestelle – die eine links, die andere rechts. Sie kennen sich nicht. Nach der Arbeitswoche sind ihre Augen matt, die strähnigen Haare fallen ihnen ins Gesicht. Ihre schweren, großen Taschen zerren an ihren Schultern – bei der einen links, bei der anderen rechts.

Während sie warten, machen sie exakt das Gleiche: Sie schauen konzentriert auf ihre Hände und feilen ihre Fingernägel. Sonst nichts.

Menschen rauschen an ihnen vorbei – Geschäftsleute, Mütter mit kleinen Kindern. Jeder hetzt, schreit und quengelt.

Nach ein paar Minuten sagt die eine zur anderen: „Wenn uns jemand bemerken würde… der hält uns doch für komplett bescheuert.“

Lachen, Nicken

Dann sagt die andere zur einen: „Ja, aber ich brauch sowas nach Feierabend. Einfach abschalten und mal nichts denken. Das entspannt. Außerdem hass ich es, wenn die Nägel einreißen.“

Für die nächsten fünf Stationen sitzen sie nebeneinander und reden über das, was beide seit Monaten beschäftigt. Sie lachen und nicken. Keiner feilt. Macht man nicht in der Bahn.

Nächster Halt Stachus. „Ich muss hier raus. Viel Glück weiterhin.“ – „Danke… Ihnen auch.“