Schnulzige Serie gesehn (mag nicht sagen welche) Jedenfalls stellte eine Stimme zum Schluss die Frage:Wenn du wüsstest, dass dies dein letzter Tag ist. Wie würdest du ihn am liebsten verbringen?Jaaa schon klar, unendlichste Klischee-Frage für relativ einsame Mittwoch-Abende nach einem wirklich sehr schrägen Tag, aber kann man ja mal drüber nachdenken.Zunächst würde ich essen. Ich würde essen, weil ich wüsste, dass ich in Zukunft einfach nicht gut aussehn muss, da ich ja wie erwähnt tot bin. Ich esse seit einem guten Monat nicht besonders viel, weil ich mir einbilde, ich würde noch mindestens 50 Jahre lang leben. Und dafür muss man ja gut aussehen. Sonst hat man ein halbes Jahrundert miese Laune. Und mir haben schon vier Monate Depression gereicht.Also kaufe ich mir an meinem letzten Tag alles, worauf ich Lust habe: Unmengen Sushi, Garnelen, Lachs, Lammfilet, Rotkraut, Senf pur… nur den besten. Griespudding mit Himbeeren. Brownies, die die ganze Masse des Universums in einem Stück vereinen – Tonnen wiegen. Ich bestelle mir eine LKW-Ladung Carpaccio. Hauchdünn mit frischen Artischockenherzen, feinem Knoblauch, dem besten Olivenöl. Viel Käse. Guten Käse. Und dazu trink ich den teuersten Sherry. Mir egal, ob man den vor, nach oder während des Essens trinkt. Scheiß auf Konventionen. Hab ja nur 24 Stunden. Und Sherry ist köstlich. Es wird noch viel mehr Sushi geben. Ein nie versiegender Strom Fisch in Gemüse eingerollt in Reis und Nori. Und einen riesigen Topf Chili. Heißes, super scharfes Chili. Chili von dem die Lippen brennen, weh tun, ganz rot werden und anschwillen. Einfach nur weil scharfes Essen Trumpf ist.Nach dem Essen würde ich alle Menschen anrufen (oder besuchen), die mir auf irgend eine Weise wichtig sind oder waren und einmal in meinem Leben wirklich sagen was ich denke. Nicht mehr um den heißen Brei rumreden. Ehrlich sein. Zugeben, dass ich Fehler gemacht habe. Heulen wenns sein muss. Lachen wenn man nicht anders kann. Einsehen, dass ich so verdammt wenig weiß und vielleicht bereuen mein ganzes Leben damit verbracht zu haben, es anderen zu beweisen, dass ich doch irgend etwas weiß. All den Neid, die Missgunst vergessen. Endlich mal diese verdammte „ich muss es irgendwie der Welt zeigen“-Fassade ablegen. Und mich endlich was trauen. Wen kümmern dann noch Konsequenzen. Scheiß doch drauf. Wer nach seinem Tod einen guten Eindruck hinterlassen hat, hat nicht gelebt.Musik. So viel Musik, die ich noch hören muss. Ich werd an diesem Tag nur einen Song laufen lassen. Den ganzen Tag. Ein Song, den ich seit 10 Jahren höre. Von dem ich immer wieder eine Gäsehaut bekomme, wenn das Geigen-Intro beginnt. Das ich langsam lauter drehe bis die Drums einsetzen… Und ich werde laufen. Mit diesem Lied im Ohr. Laufen. Keine Ahnung wohin. Es ist wahrscheinlich Oktober. Es scheint die Sonne. Es ist kühl. Laufen und Lächeln. Und das ganze bitter-süße Leben revuepassieren lassen. Und darüber lachen. Ich werde meine Lieblings-Jeans anhaben. Genau die Jeans, die ich so ziemlich jeden Tag anhabe. Die schon zerissen war, genäht wurde, jedes Wochenende vor lauter Kiez-Dreck von alleine stehen kann. Deren Saum an der Hacke zerfetzt ist. Und dann darin Laufen und Lächeln.Und ich würde küssen. Nein, bloß keinen Sex haben am letzten Tag. Das ist albern. Überflüssig. Miese Idee. Aber Küssen. Stundenlang. Keine Ahnung wen, keine Ahnung warum. Weiß übrigens langsam warum Prostituierte ihren Kunden nicht erlauben, sie auf den Mund zu küssen. Weil es nichts Schöneres gibt. Deshalb. NICHTS Schöneres. Und es kommt im Laufe des Single-Daseins so unglaublich zu kurz, weil man es nur als Vorbereitung für weitere Unternehmungen sieht. Dabei erfährt man beim Küssen so viel mehr von der Person. Jeder Mann vögelt gleich. Kein Mann küsst wie der andere. Ja für solch tiefgreifenden Erkenntnisse musste ich 22 Jahre alt werden. Unglaublich.Und wenn der Tag sich langsam dem Ende zuneigt, werde ich einfach diesen Blog löschen. Zack und weg. Sowieso schon längst überfällig… wenn ich nur den Knopf finden würde…… ich glaub heute wird ein guter Tag.