Das spannende und zugleich erschreckenende an meinem Job ist, dass ich morgens nach dem Aufstehen noch nicht weiß, was mich am Tag erwartet. Ich weiß erst um kurz vor neun, ob ich mich die kommenden drei Stunden mit Obama, Darfur, Olympia, Guantanamo oder mit etwas völlig anderem beschäftigen werde.
Die erste halbe Stunde nach neun grepiere ich dann erstmal an einer Überdosis Adrenalin, weil ich keinen Schimmer habe. Dann schlägt das um in Herzrasen und ich bekomme rote Flecken, weil ich niemanden erreiche, der mir ein Statement zum Thema geben kann/will. Wenn ich dann endlich jemanden in London/Brüssel/weiß der Teufel woher erreicht habe, breche ich fast in Tränen aus, weil der Mensch zu schnelles, genuscheltes Englisch spricht und ich mit dem Tippen nicht nachkomme. Dann flattern die Hände und die Nerven, weil in 35 Minuten Deadline ist und im Word-Dokument noch nichts steht außer unstrukturierte Zitate und fragmentartige Infos aus Tickermeldungen.
Im Delierium schreibe ich irgendwie einen Text, und gebe ihn an wesentlich fähigere Kollegen weiter. Und stelle dann fest, dass im Teaser ein Tippfehler ist und die halbe Bildunterschrift fehlt. Fuck. Angespanntes Warten. Jetzt erstmal zwei bis fünf Zigaretten rauchen. War böser Schmarrn, ganz sicher. Ach scheiße!
Essen hilft immer. Und wenn ich aus der Mittagspause komme, ist der Text online. Eigentlich wurde nichts großes verändert. Struktur ist so wie von mir vorgesehen. Natürlich wurden ein paar Sachen verbessert und der Text geschliffen. Aber hey: wundervoll!!
Genau dass macht mich momentan glücklich: Jeden Tag aus dem Nichts einen Text mit Mehrwert zu erschaffen und das in so schnell wie möglich. Ja, ich wage zu behaupten, dass das schon irgendwie besser als Sex ist – auf eine seltsame, kranke Art.
One comment
Wenn ich das so lese frage ich mich, was für ein wohliger Schauer dich durchfahren haben muss, als dein Darfur-Artikel auf der SZ-Startseite an Platz drei zu finden war – mit Autoren-Namen und allem drum und dran.
Glückwunsch übrigens dazu nochmal 🙂