Kellnern macht Spaß. Man muss es sich nur oft genug sagen.

Manchmal macht’s das auch wirklich. Gerade wenn viele Touristen unterwegs sind, die so gar kein Spanisch sprechen. Dann werd ich als multilinguales Zugpferdchen aus dem Stall gelassen und darf nach Herzenslust übersetzen. „Milanesa“ heißt Schnitzel. Ja, das mögen die Mitteleuropäer. Nach Argentinien fahren, das gleiche essen wie zu Hause und dann von einer Deutschen bedient werden.

Und da die sich auch brav an die Reisetipps im Lonelyplanet halten und glauben, es sei normal, zehn Prozent Trinkgeld zu geben, kommt bei einer 700 Peso Rechnung (ja, manche Menschen versaufen an einem Abend meine Monatsmiete) 70 Peso Trinkgeld rum. Das ist natürlich die Ausnahme. Argentinier sind gescheiter und runden einfach zwei Peso auf. Das ist zwar schäbig für mich aber wer soll’s ihnen verdenken.

So als Ausländer, dem man das auch anhört, hat man einen „Och die is ja nicht von hier und hat hier niemanden… armes Ding“-Bonus. Dann gibt’s geringfügig mehr Trinkgeld und ein „Viel Glück hier und in deinem weiteren Leben“ als Abschiedsgruß. Wurde unlängst sogar als Ukrainerin bezeichnet, was ja sogar zu einem Sechzehntel stimmt. Würde mir das in Deutschland passieren, wäre ich dennoch etwas pikiert.

Solang ich meinen Mund halte und einfach rumsteh, fall ich allerdings nicht als Fremdkörper auf. Dann seh ich so argentinisch aus, dass chilenische Touristen Fotos von mir machen und sich unendlich freuen, dass sie eine „echte“ argentinische Kellnerin auf dem Bild haben. Dafür bekomm ich allerdings kein Geld. Sollte meinen Businessplan diesbezüglich mal optimieren.

Das einzige, was wirklich stinkt, ist die Tatsache, dass wir auf Kommission arbeiten. Das heißt: Wenn niemand an meinen Tischen sitzt, mach ich keinen Umsatz und verdien in Neun-Stunden-Schicht geschätzt… nüschte. Die Kellnerkonkurrenz schläft nicht und deshalb: niemals einfach nur rumstehen, sondern immer lächeln und im Sekundentakt Passanten zum Trinken überreden („Para tomar algo?!“). Dann hört man wieder, dass ich eigentlich gar nicht von hier bin. Sondern eine Deutsch/Argentinierin mit einem Touch Ostblock. Armes Ding. Viel Glück.