Keine Sorge, dieses Blog verkommt nicht zu einer Ansammlung von Besprechungen halbguter Literatur. Ich habe „Guten Morgen, Tel Aviv!“ zu Weihnachten bekommen und da das gut zu meiner bevorstehenden Reise passt…

Zunächst zur Autorin: Die ist genau so alt wie ich (also nicht alt), macht auch was mit Medien und hat vermutlich, ganz im Gegensatz zu mir, großen Spaß an dem ganzen Zirkus. Warum sonst würde sie sonst Kolumnen für eine Israelische Zeitung schreiben, auf Empfängen rumspringen, bei denen auch Cem Özdemir (der übrigens – Achtung, Smalltalk-Wissen – mit einer Argentinischen Journalistin namens Pia verheiratet ist! ) anwesend ist, einen Blog zu ihrem Buch aufsetzen oder das natürlich auch auf Facebook promoten? Was ich damit sagen will: Junge Medientanten, die Bücher verfassen, wecken bei mir immer erstmal Misstrauen. Über was sollen die Hühner schon schreiben? Da kann doch nix bei rauskommen, außer altkluges, selbstverliebtes und gestelzt-witziges Zeug – also praktisch so etwas wie dieser Blog hier.

Das Gute an ihrem Buch: Man kann es innerhalb von drei Stunden lesen. Sofern nicht gerade der Fasnet-Verein Oberuhldingen gegenüber eine Aprés-Ski-Ballermann-Party veranstaltet, bei der lautstart Sternstunden deutscher Musikkultur wie „Anton aus Tirol“ und „10 nackte Frisösen“ aus den Boxen wummern. (Oh Gott, ich muss hier weg!) Noch ein Vorteil: Man erfährt in „Guten Morgen, Tel Aviv!“ viel über die jüdische Kultur aus der Perspektive einer deutschen Exilantin: Über das schlechte Gewissen wegen des ganzen Holocaust-Mists, über den Kulturschock beim Zusammentreffen mit Ultraorthodoxen Juden oder arabischen Proleten und sowieso ist alles laut und konfus in Israel und jeder brüllt rum.

Was mich ein ganz klein wenig nervt – nein, was mir eigentlich unfassbar auf den Zeiger geht – ist der permanente Hinweis darauf, warum die Autorin eigentlich nach Israel ausgewandert ist. Gibt ja eigentlich nur zwei Möglichkeiten: Entweder man geht wegen der Arbeit oder wegen der Liebe. Bei ihr ist Letzteres der Fall und sie bemüht sich kein bisschen, das zu verheimlichen. In jedem einzelnen der ingesamt 64 kurzen Kapitel erwähnt sie mindestens einmal ihren isralischen Freund. Mal unter den Synoym „wunderbarer Lebenspartner“, mal als „wunderbaren Lebensfreund“. Das könnte man literarisch ganz „wunderbar“ als Running-Gag verwerten, da es sich so stringent durch das ganze Buch zieht. Aber da sie nicht einmal in der Gwyneth-Paltrow-artigen Danksagung zum Schluss darauf verzichtet, ihrem „wunderbaren Lebenspartner“ zu danken, lässt mich schlussfolgern: Sie meint das toternst. Schade.

Was ich mich dabei frage: Was tut man als Autorin, wenn man sein Erstlingswerk quasi ganz seinem Freund gewidmet hat, es aber irgendwann mal vorbei ist mit dem Liebeszauber? Wir alle wissen wie fragil zwischenmenschliche Beziehungen sein können. Da sitzt man auf einem Buch, in dem pausenlos von einem die Rede ist, der vielleicht nicht mal ein Jahr nach Erscheinen der Erstausgabe mit irgendeiner Tussi abgedampft ist. Dem hat man dann ein Buch gewidmet – also größte Ehren zuteil werden lassen. Würde mich unendlich ärgern.

Aber vielleicht male ich da auch etwas zu schwarz, aber man muss ja realistisch bleiben. Und ganz ehrlich: Hätte ich mich in einen Israeli verliebt, wäre ich für ihn nach Tel Aviv gezogen und würde er nicht nach drei Monaten das Weite suchen, würde ich womöglich auch ein ganzes Buch darüber schreiben. Vielleicht sogar zwei. So macht man das wohl mit Mitte/Ende zwanzig.

Ein Grund, warum man mit dem Bücherschreiben erst viel später anfangen sollte.