Ich hab gehört, Deutschland hat gewonnen.

Genau so muss sich Opa gefühlt haben – damals ’54, als Deutschland schon einmal in der Schweiz spielte. Die ganze Familie hat sich vor dem Volksempfänger geschart und andächtig der Partie gelauscht. Das Radio war noch echte deutsche Wertarbeit und hat auch noch neun Jahre nach Kriegsende treue Dienste geleistet. Rauscht zwar a bissl, aber das macht das winzige Badezimmerradio (Baujahr 2005) auch.

Annähernd das gleiche Gefühl kam heute Abend auf. Halb Europa ist synchron vom Sofa gesprungen und hat im Chor „Alter, was solln das???“ geschrien, weil irgend ein boshafter Mensch in Wien Mist gebaut hat (man könnte jetzt Vermutungen anstellen). Alle sind zu den Radios gestürmt und haben nervös an den Knöpfen gedreht. Der Bildausfall war wirklich nicht so dramatisch. Wozu gibt es wie gesagt Radio. Die Kommentatoren sind da eh viel besser – erklären alles schön en datail.

Was wirklich angepisst hat, war der Stromausfall in Minute 79. Von der einen Sekunde auf die andere war der 100-Millionen-Zoll Plasma-Bildschirm schwarz und mit ihm der ganze Nord-Osten Darmstadts. Dafür kann Wien nichts. Und jetzt?

Hey Internetradio!! …Jaaa, man studiert nicht ohne Grund. Irgendwann denkt dann einer daran, dass man für Internetradio einen WLAN-Router braucht und der hängt am Stromnetz…
Hey Handyradio! Guuuute Idee, können aber auch nur immer zwei Leute hören, die den andern dann erzählen, was gerade passiert: „Wuuaaaahh geil 3:1!! Ah ne, scheiße… 2:2…“

Es wird akrobatisch. Zu zweit an dem Handy-Kopfhörer hängen, sich die Schuhe anziehen während man die Treppe runter zum Auto geht, ohne dass die Stöpsel aus den Ohren fallen und man nicht über seine Schnürsenkel fällt, ist eine echte Herausforderung.

Ganz Kranichstein steht auf der Straße und de Autoradios erfüllen ihren Zweck.
In der letzten Minute ist alles gut: Wir haben Ton und Deutschland stolpert ins Finale.