10 Tage wollten wir zu Fuß durch das Hochmoor Norwegens. Nur wir und die wilde Natur. Wie echte Abenteurer. Erst sind wir im Kreis gelaufen, und nach 3 Tagen tat uns der Rücken weh.
Wir fahren los, mit der Bergen-Bahn nach Geilo. Unser Start in die Wildnis Norwegens – ins Hochplateau Hardangervidda. Da wo nichts ist außer feuchtes Moos, windschiefe Büsche und ein paar Schafe. Wir wollen hart sein, nehmen uns 120 Kilometer vor. Zu Fuß in zehn Tagen einmal quer durchs Moor bei Wind und Wetter. Geschafft haben wir nur 30 Kilometer.
Wir haben uns überschätzt.
Wir sind weichgespülte Westeuropäer ohne Hornhaut an den Fußsohlen.
Wir laufen am ersten Tag im Kreis und fahren mit dem Taxi zum Tor in die Wildnis.
Wir tragen Microfiber-Softshell-Windbreaker mit Kordelzug.
Wir folgen roten Ts.
Wir können keine Karten lesen.
Wir finden grenzenlose Weiten bedrückend.
Wir füllen unsere Rucksäcke mit kiloweise Ja-Spaghetti vom Rewe.
Wir kaufen Wodka im Duty-free und tragen den durch Norwegen – für Notzeiten.
Wir können keine zwei Stunden ohne Müsliriegel aushalten.
Wir kriegen den sch*** Gaskocher nicht an.
Wir haben Angst, zu verhungern.
Wir wärmen Tütensuppen auf.
Wir würzen mit süßem Paprikapulver aus dem 8-fach Gewürzstreuer.
Wir ärgern uns über die geplatzte Fischkonserve im Rucksack.
Wir stellen fest, dass der Rucksack zu schwer ist.
Wir haben Rücken.
Wir trinken aus Flüssen.
Wir bekommen davon Magenprobleme.
Wir geben am jetzt Silberionentabletten in unsere Wasserflaschen.
Wir frieren.
Wir haben trockene, blaue Lippen.
Wir riechen streng.
Wir haben kein Klopapier mehr.
Wir würden gerne heiß duschen.
Wir befürchten, dass uns nachts durchgedrehte Schafe angreifen.
Wir finden uns so gar nicht hart.
Wir stellen unser Zelt am Hang auf und rutschen nachts nach unten.
Wir hoffen, dass uns der Wind nachts nicht wegweht.
Wir tragen die gestrickten Socken von der Mama im Schlafsack.
Wir quietschen wie kleine Mädchen, wenn wir morgens in unsere kalten, nassen, matschigen Schuhe steigen.
Wir frühstücken bei Sonnenaufgang auf dem Berggipfel.
Wir trinken dazu Dosenbier, nur um Gewicht loszuwerden.
Wir finden das romantisch.
Wir bilden uns ein, was Besonderes zu tun.
Wir waren da, wo schon viele waren.
Wir fragen „Isses noch waaheeit?!“
Wir geben nach 3 Tagen auf.
Wir können nicht mehr.
Wir schleppen uns zurück in die Zivilisation. Dort gibt es warmen Kaffee und Anis-Kuchen mit Vanille-Creme.
Wir sind keine Abenteurer.
Und wir würden es jeder Zeit wieder tun. Nur mit weniger Gewicht auf dem Rücken.
Mehr Bilder gibt’s auf Flickr.
7 comments
Herrlich! Ich liebe ja endlose Weiten und Depri-Landschaften, aber beim Rest, befürchte ich, würde es mir ganz genau so gehen! 😉 Dabei träume ich auch von so einer mehrtägigen Querfeldeinwanderung. Vielleicht muss ich es einfach auch mal versuchen – und zur Not eben einfach aufhören. Das ist vielleicht gar nicht so schlimm (oder??) Tolle Bilder übrigens! 🙂
und ich dachte das mit dem kartenlesen hattest du woanders schon gelernt 😉
schöne Bilder!
Danke Pia, für einen nicht-standard Bericht ohne jegliche Langeweile drin, wie man ihn sonst schwer findet.