Mit Städten ist es wie mit Menschen. Oft dauert es nur Sekunden, nur einen Augenblick und du weißt: Da ist etwas. Daraus kann was werden. Oh, und Kraków weiß ganz genau, wie es dich rumkriegt. Eine leise Romanze.

Es ist diese Art von Flüstern, das du für Stille hältst, wenn du das erste Mal durch die Straßen der Altstadt gehst. Überall Stimmen, emsige Gestalten. Und doch … Ruhe. Die Sonne geht bald unter, alles ist in sanftes Beige getaucht. Goldenes Satin legt sich über die Altstadt, hüllt dich ein.


Du fühlst dich wohl an Orten, die dich aufsaugen, mit denen du eins wirst. In der Masse verschwinden, nur nicht auffallen. Kraków ist dein Komplize, lässt dich nicht auffliegen. Du gehst wie selbstverständlich durch dir Straßen, ganz so als sei es nichts Besonderes, dass du hier bist. Hier, ausgerechnet in Kraków. Touristenfänger ignorieren dich. Fremde fragen dich auf Polnisch nach dem Weg. „Naprawdę tylko mogę powiedzieć tego zdanie“, antwortest du jedes Mal. Nein wirklich, du kannst nur diesen einen Satz. Deine Aussprache ist grottig. Man glaubt dir.



Du lässt dich durch die Gassen treiben ohne Ziel, schnupperst hier, probierst dort. Erinnerungen an dunkle Zeiten streifen deine Schulter in Schindlers Fabrik und im alten Ghetto. Du erholst dich auf dem Plac Novy und grübelst bei vielen vielen kühlen Tyskie mit Kachelofenbauer Maciej in gebrochenem Englisch über den Sinn des Lebens – ohne Ergebnis.



Kraków ist ein leises Abenteuer ohne Sinn. Ja, Kraków und du, ihr mögt euch … irgendwie. Doch richtig kennenlernen wollt ihr euch nicht. Ihr sprecht nicht dieselbe Sprache, kratzt an der Oberfläche. Zu wenig Zeit. Kraków ist in den Wolken, du bist auf dem Boden. Kraków träumt, du bist wach. Dir wird klar, ihr gehört nicht zusammen. Eine leises Glimmen, mehr aber auch nicht. Was soll das alles?


Und doch … Am Schluss, nach einer Woche leisem Umgarnen, bekommst du doch noch dein ersehntes Feuerwerk. So groß und gewaltig, dass dein Herz taumelt, dass es selbst Funken sprüht. Sommersonnenwende und die ganze Stadt feiert. Tausende um dich herum staunen, wie die Weichsel eine Million goldene Tropfen fängt.

Und dir wird endlich klar: Heute ist besser als gestern. Und morgen … morgen wird erst richtig gut. Dziękuję, Kraków. Koniec.


Essen
Natürlich Pierogi, deftig gefüllt mit Speck und Sauerkraut. Die sind besonders lecker in:

Jarema – wenn man es gehoben traditionell mag und einen Fetisch für Kellnerinnen in Tracht hat.
Plac Jana Matejki 5, gleich beim Barbakan, dem Eingangstor zur Altstadt, www.jarema.pl

Trinken
Gutes Bier gibt es überall. Es empfiehlt sich, nach 17 Uhr stets diesen besonderen Harald-Juhnke-Moment zu wahren: Leicht einen sitzen und keine Termine. Das geht besonders gut in:

Alchemia – Bier an der Bar holen, Schuhe aus, Beine hoch und gepflegt schäbig gammeln.
Estery 5, gleich am Plac Novy im Viertel Kazimierz, www.alchemia.com.pl
Black Gallery Pub – entspannt im Secret Garden ohne Etikette unter Weinreben genießen. Die Küche schließt, wenn der letzte Gast gezahlt hat … oder dem Koch die Zigaretten ausgehen.
Mikoajska 34, im Nordosten der Altstadt, www.facebook.com/BlackGalleryPub

Und sonst überall rund um den Hauptmarkt Rynek Główny. Bier bestellen, Leute gucken, in die Sonne blinzeln, repeat.

Unbedingt
Kraków in 15 Minuten. Eine ganz frische Licht-Installation im Herzen der Altstadt über die Geschichte der Stadt. Das Überraschungsmoment nutzen und Initiator Radosław völlig unvorbereitet nach einem Ticket fragen. Er schließt dann nur für dich auf und macht nur für dich den Beamer an. Geht nur noch begrenzte Zeit, da ihm die Touris bald die Bude einrennen werden.
Ulica Kanonicza 5, auf halbem Weg zwischen Hauptmarkt und Wawel

Ein Cabaret oder Modernes Theater (vielleicht war es auch eine Kunst-Performance) im Gewölbe des Loch Camelot anschauen und nichts, aber auch wirklich gar nichts, verstehen. Wichtig: immer dann lachen, wenn alle anderen lachen. Noch wichtiger: lauter als alle anderen lachen, wenn plötzlich Hitler auf der Bühne steht und in akzentreichem Deutsch Unflätigkeiten zetert.
Świętego Tomasza 17, www.lochcamelot.art.pl

Und wenn gar nichts mehr geht, Thai-Massage geht immer. Am entspanntesten hier:
May Thai Massage, Ulica Poselska 20, südöstliche Altstadt, www.maythai.eu

„Sprecht im Flüsterton, wenn ihr über die Liebe redet.“ – Graffiti-Künstler in der Ulica Poselska feat. Google Translator