Es ist gefährlich da draußen.

Es trug sich zu an einem für die Gegend recht kühlen Donnerstagabend. Sie lief durch eine an sich sichere Gegend im Westen von Mendoza, als ein Frau mittleren Alters vor ihr sich umdrehte, zusammenzuckte und lächelnd mit den Worten „Gott sei Dank, es ist eine Frau“ zu stehen kam. Das sollte nur der Anfang eines eher denkwürdigen Abends sein.

Gemeinsam gingen Sie die Straße entlang. Zwei Kolleginnen an ihrem freien Abend. Die Straßenlaternen leuchteten spärlich den Weg die Allee entlang. Sie tauschten den neusten Arbeits-Tratsch aus, als ein Mann ihnen hinterher ging. „Ich hab euch englisch sprechen hören“ sagte er und zog hastig an seiner Zigarette.

In seiner Muttersprache wollte er plaudern, solange bis seine Frau nach Hause kommt. Wo sie her kämen und wie lang sie schon hier seien, wollte er wissen. Es sei gefährlich um die Zeit für zwei junge Frauen so allein. Rauch quoll zwischen seinen Lippen hervor und er keuchte als er seine Geschichte erzähle.

Rocky, Deutsch-Pole. Sein Leben verbrachte er in Chicago, arbeite als hohes Tier zusammen mit engen Vertrauten von Obama. Heiratete eine argentinische Itaienerin und nach Jahren in der Toskana hat es ihn hierher verschlagen. Er spricht Deutsch – fast fehlerfrei. Das fahle Licht glänzt auf seiner Halbglatze.

Es hätten sich Dinge zugetragen in den letzten zwei Wochen. Frauen wurden im Auto überfallen. Angesehene Anwälte hat man in ihren Wohnungen ausgeraubt. Mendoza, die als eine der sichersten Städte in Argentinien gilt, rück in ein diffuses, gefährliches Licht.

Seine Frau, eine kleine Dunkelhaarige in ihren Vierzigern, stößt zu ihnen und erzählt exakt das Gleiche, was der Alte mit dem Bierbauch und dem Zwiebelmundgeruch schon berichtet hat: Raubüberfälle und zwielichtige Gestalten an allen Ecken. Sie kommt gerade von einem Treffen der Zeugen Jehovas und ist ohne Zweifel betrunken. Ihr Augen sind trübe und sie hört nicht auf, zu quasseln.

Die beiden Kolleginnen wollen gehen, verpassen aber jeden Augenblick die Unterhaltung galant zu beenden. Es wird immer später. Die Minuten verstreichen und kein Ende in Sicht. Essen müssen sie, sagt die eine. Hunger haben sie, die andere. Keine Chance. Als Halbitalienerin ist die Zeugin mit Essen genau in ihrem Metier.

Ob sie denn Spaghetti zu Hause habe. Und Tomaten? Knoblauch? Jajaja. Fein schneiden müsste man alles. Nudeln al dente kochen und dann einfach zusammen schmeißen. Zehn Minuten und man hat ein leckeres Pastagericht. Ach was. Sie gibt ihnen Nudeln mit. Hier in Argentinien seien die Nudeln ja nichts. Alle mit Ei. Basilikum habe sie leider keins. Aber Petersilie und Peperoni. Getrocknet. Danke.

Es sind nicht die jungen Kerls, mit den tief ins Gesicht gezogenen Kapuzen, die jungen Frauen abends um elf in Mendoza Angst machen sollten. Es sind betrunkene Jehovas Zeugen mit Mundgeruch, die einfach nur reden wollen, vor denen man sich fürchten muss. Normalerweise klingeln die und man kann sich tot stellen. Aber so auf offener Straße. Keine Chance.