Schon sehr majestätisch, so ein gigantischer Tempel mitten im Dschungel – im Jahr 1811, als ein britischer Indiana Jones auf die überwucherten Ruinen stieß. 200 Jahre später stehe ich dort Schlange hinter Chinesen mit Selfie-Sticks.

Borobodur/Java, Kilometer 950

Es ist immer das Gleiche: Breite, bleiche Füße in beigefarbenen Sandalen mit Klettverschluss latschen über uralte Steine. Schwerfällig kriechen fette Bäuche Stufe um Stufe hinauf, um dahin zu kommen, wo jeder bereits war. Krankenhaus-Schläuche pumpen Sauerstoff in alte Nasen. Irgendjemand murmelt Meetingpoint. An der Spitze der Touristen-Armada schwenkt ein Einheimischer eine Fahne, darauf eine Nummer zwischen 2 und 17. Gruppe Nummer 1 gibt es nie.

Wir befinden uns im Borobodur-Tempel/Indonesien oder am Taj Mahal/Indien, in Machu Picchu/Peru oder im Kölner Dom/Deutschland. Ganz egal. Genauso egal, ob die Reisegruppen amerikanische Pensionäre, neureiche Lifestyle-Chinesen oder Deutsche Mittelständler in Tarnkleidung sind. Das unterliegt lediglich weltwirtschaftlichen Trends. Mal können sich‘s die einen leisten, mal die anderen.

Heute die majestätischsten Bauwerke der Menschheitsgeschichte zu besuchen, gleicht einem Einkauf bei Aldi: Man braucht Geduld und eine gewisse Scheißegal-Haltung. Heute entdeckt keiner mehr was Neues. Jeder hat alles schon mal gesehen – lange vor mir. Das ist okay.

Welterbe hin oder her. Am schönsten war, als ich mich auf dem Weg zurück zum Bus Terminal verlaufen habe und im strömenden Regen durch die matschigen Gassen im Dorf vor Borobodur ging. Klitschnass nur ich allein und ein paar Hühner in der Mauser.

So was machen auch nur Touristen.


Hinkommen

Vom Yogyakarta Jombur Bus-Terminal fährt der Public Bus regelmäßig bis ins Dorf gleich vor Borobodur. Die restlichen 1,5 km kann man laufen. Für Faule gibt es wie immer eifrige Rikscha- oder Roller-Fahrer, die ein paar Kröten verdienen wollen.